Im November 2019 hatten schon achtzig Eltern ihre Kinder angemeldet: Doch in der neuen ersten Klasse, deren Schüler*innen im Sommer 2020 zur Einschulung in die Tegeler Straße kommen werden, gibt es nur 15 Plätze. Vier davon sind bereits für Geschwisterkinder bestehender Schüler*innen reserviert. Die Kristall-Grundschule, die erste und einzige von der tjfbg getragene Schule, ist hochbegehrt. „Jede Woche stehen fünf Eltern in der Tür, die ihr Kind bei uns unterbringen wollen“, berichtet Schulleiterin Barbara van de Weyer. Sie müsse abwägen, das Geschlechterverhältnis müsse stimmen – und nur bis zu fünf Kinder in der Klasse dürften „besondere Kinder“ sein, sonst funktioniere der gemeinsame Unterricht von Kindern mit und ohne Förderbedarf nicht mehr. Als die Schule vor fünf Jahren nach ihren ersten Schüler*innen suchte, stand die Frage im Raum: Kriegen wir überhaupt eine ganze Klasse zusammen?
Fünf Jahre später könnte die Schule – rein nach den Anmeldezahlen – auch drei oder vier erste Klassen parallel einrichten. Im Sommer 2020 wird nicht nur das sechste Mal Einschulung in der kleinen Schule im Wedding gefeiert; zum ersten Mal wird es dann auch eine sechste Klasse geben. Die Kristall-Grundschule ist dann erstmalig „komplett“. Ein Meilenstein ist erreicht.
Einen anderen wichtigen Meilenstein hat die Kristall-Grundschule bereits im Herbst 2019 genommen. Bildungssenatorin Sandra Scheeres verlieh der Schule in freier Trägerschaft die „Eigenschaft einer staatlich anerkannten Ersatzschule“. Damit hat die Schule das Recht, „Abschlüsse und Zeugnisse zu erteilen, die die gleiche Berechtigung verleihen wie die öffentlichen Schulen“, so heißt es in der Verleihungsurkunde, die am 7. November feierlich übergeben wurde. Seitdem ziert das Dokument die Wand im Zimmer der Schulleiterin.
Durch die staatliche Anerkennung der Kristall Grundschule – zuvor war sie nur eine „genehmigte Ersatzschule“ – ändert sich auch bei der Anmeldung etwas. Bisher mussten die interessierten Eltern ihr Kind erst bei ihrer Einzugsgrundschule anmelden und dann die Ummeldung beantragen, damit der Nachwuchs im Klassenraum der Kristall-Grundschule Platz nehmen durfte. „Das wird jetzt anders, die Eltern können ihre Kinder direkt und sofort bei uns anmelden“, erklärt Barbara van de Weyer. Auch beim Übergang auf die weiterführenden Schulen ist die Kristall-Grundschule jetzt den staatlichen Schulen gleichgestellt: Als ein Kind nach der vierten Klasse auf ein grundständiges Gymnasium wechseln wollte, musste die Schulaufsicht die von der Schule erstellte Förderprognose checken – und ein fälschungssicheres Hologramm aufkleben. „Jetzt haben wir unser eigenes Hologramm“, freut sich Schuldirektorin van de Weyer, „da kann man doch stolz sein“. Und noch etwas ändert sich durch die Anerkennungsurkunde: Die Schule erhält jetzt einen großen Teil ihres Finanzierungsbedarfs für Personal und Sachmittel vom Senat.
Meilensteine über Meilensteine. Spätestens 2021 folgt der nächste. Wenn die ersten Sechstklässler*innen der Kristall-Grundschule an die weiterführenden Schulen wechseln, will sich auch Schuldirektorin und Schul-Geburtshelferin Barbara van de Weyer neuen Projekten widmen. „Ich kann mich dann guten Gewissens verabschieden“, sagt sie. Ihre Schule ist groß geworden.